Behandlungsgespräche in der Arztpraxis: Ein Europäischer Vergleich

Die Brigitte Strube Stiftung fördert Projekte mit den Zielen der Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie Projekte zum Thema Europa. Das vorliegende Projekt kann eine Brücke zwischen diesen beiden Bereichen bilden. Gesundheitssysteme in Europa sind sehr heterogen aufgebaut und der Austausch zwischen den Ländern ist gering. Ziel ist es, aus einem europäischen Vergleich von Sprechstundendauern in Verbindung mit Vergütungssystemen zu lernen, welche Vergütungsaspekte den Austausch zwischen Arzt und Patienten fördern. Solche viel zu selten durchgeführten Vergleiche können die Translation zwischen Ländern erleichtern. In Zukunft werden Kosten in allen Gesundheitssystemen weiter steigen und so wird das Zusammenarbeiten auf europäischer Ebene im Gesundheitsbereich und das voneinander Lernen im Sinne von „best practices“ weiter an Bedeutung gewinnen.

Im Rahmen dieses Projekts soll untersucht werden, wie der Zusammenhang von Vergütungssystemen und aufgewendeter Zeit in Arztpraxen pro Patienten ist. Dabei liegt der Fokus auf Deutschland sowie ausgewählten europäischen Staaten.

Insbesondere soll ermittelt werden:

  • Der aktuelle Forschungsstand zur Kontaktzeit zwischen Arzt und Patient, sowie die Einbeziehung des Patienten in ärztliche Entscheidungen im Rahmen einer Literaturübersicht festzustellen.
  • Analyse der Unterschiede in der durchschnittlichen ärztlichen Kontaktzeit für ausgewählte europäischen Länder sowie die Systematisierung der Unterschiede nach Art der Vergütung.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass in der wissenschaftlichen Literatur aktuell kein Konsens zu Determinanten und Auswirkungen von Kontaktzeiten besteht. Der deskriptive Vergleich europäischer Länder zeigt klar auf, dass kürzere Kontaktzeiten mit häufigeren Arztbesuchen substituiert werden und dass Fee-for-Service Vergütungssysteme zu höheren Kontaktzeiten gegenüber kopfpauschaldominierten Systemen führen. Gleichzeitig kann auch die deskriptive Auswertung die Unterschiede zwischen den europäischen Kontaktzeiten nicht vollständig erklären. Die Daten zeigen, dass Deutschland durch besonders kurze Kontaktzeiten bei besonders vielen Arztkontakten auffällt. Für die gesundheitspolitische Diskussion über die Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung muss geklärt werden, ob diese Form der Leistungserbringung gesellschaftlich gewünscht und wirtschaftlich nachhaltig ist.

Projektteam

Foto des ZEW Mitarbeiters Simon Reif

Prof. Dr. Simon Reif

(Leitung)

Foto des ZEW Mitarbeiters Jan Köhler

Jan Köhler

Foto der ZEW Mitarbeiterin Sabrina Schubert

Sabrina Schubert

Projektzeitraum:
01.01.2023 – 18.10.2023

Interview zu dieser Studie mit
Prof. Dr. Reif auf RNF.de 

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